Was wäre aus mir geworden, hätte ich damals…


    Buchtipp von Lilly Rüdel


    Olympiaschwimmerin, Rockstar, Mutter oder Pub-Besitzerin. All das hätte Nora sein können, doch sie entschied sich dagegen. Das Buch Mitternachtsbibliothek handelt um Schuldgefühle, Identitätsfragen, Sehnsucht nach verpassten Chancen und die einfache Frage: Wie werde ich glücklich?

    (Bild: zVg)

    Entscheidungen bestimmen unser Leben. Sie sind die Richtungspfeile unseres eigenen Weges. Sie können unser Leben um 180 Grad drehen und alles verändern. Doch haben Sie sich schonmal Gedanken gemacht, ob Sie damals eine falsche Entscheidung getroffen haben? Was aus Ihnen hätte werden können? Wären Sie glücklicher als jetzt?

    Die 35-jährige Protagonistin Nora wird genau vor diesen Fragen gestellt. Sie lebt ein unglückliches Leben in New York als Angestellte in einem Plattenladen. Ihr Leben ist gefüllt mit Reuegefühlen und Bitterkeit. Deshalb beschliesst sie eines Tages ihrem Leben ein Ende zu setzen und begeht Suizid. Sie landet jedoch nicht, wie gehofft, im Jenseits, sondern zwischen den Pforten der Mitternachtsbibliothek. Diese kann nur betreten werden, wenn die Zeiger auf null zeigen, während Raum und Zeit stillstehen. An diesem Ort hat sie die Möglichkeit all jenen Fragen und Schuldgefühlen nachzugehen, die sie davon abgehalten haben, ihr Leben in vollen Zügen zu geniessen. Jedes Buch erzählt eine andere Biographie, die Nora hätte leben können, wenn sie damals eine andere Entscheidung getroffen hätte. Von einer weltbekannten Sängerin, zur Olympiaschwimmerin, über eine immer noch anhaltende Beziehung mit ihrem Ex-Freund, sie erlebt all ihre «verpassten Chancen» hautnah. Doch bringen diese Illusionen das gewünschte Glück? Die Mitternachtsbibliothek ist Noras letzte Chance sich für das Leben zu entscheiden und seinen Sinn für sich zu entdecken.

    Die Geschichte gewährt dem Leser einen sehr intimen, seltenen Einblick in das Leben von Nora und ihrer Identitätskrise. Es zeigt auf, welche weitreichenden Konsequenzen Entscheidungen haben können, und dass es nicht einfach ist, mit seinem eigenen Leben und all jenen Facetten glücklich zu werden. Matt Haig liefert ein Stückchen Alltagsphilosophie. Verpackt in eine schlicht gehaltene, lockere Sprache, dient das Buch als Ratgeber und Denkanstoss.

    Ich persönlich finde die Mitternachtsbibliothek sehr empfehlenswert. Das Ideenkonstrukt des Buches beschreibt anschaulich die Ängste des Alltags, die jeder von uns kennt. Durch den Perspektivenwechsel wird bewusst, dass egal welches Alter, Geschlecht oder Herkunft man hat: wir alle müssen Entscheidungen treffen und mit diesen Konsequenzen leben. Wir alle wollen glücklich sein und denken nächtelang darüber nach, wie wir es schaffen werden. Niemand kennt den Schlüssel zu einem glücklichen Leben, aber eigentlich ist es auch gar nicht so wichtig, denn wie Matt Haig schreibt: «Du musst das Leben nicht begreifen. Du musst es nur leben.»


    Titel: Mitternachtsbibliothek
    Autor: Matt Haig
    Übersetzerin: Sabine Hübner
    Erscheinungsdatum: 1. Februar 2021
    Verlag: Droemer
    Rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband

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